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Frauenzimmerl

Wenn man etwas sehr lange macht, entsteht manchmal der Wunsch nach etwas Neuem. Viele Jahre lang begleitete Ingrid Stocker Kinder in ihrer Entwicklung, die oft mit Beeinträchtigungen unterschiedlichster Art zu kämpfen hatten. Eine erfüllende Aufgabe, aber auch fordernd. Als die Heilpädagogin selbst Mutter wurde, wuchs der Wunsch nach Veränderung. „Ich wollte etwas machen, das sich leicht anfühlt“, sagt sie, und schaut hinüber zu einer Kinderzeichnung. Seit zehn Jahren lehnt das Bild auf einem schmalen Bord an der Wand, zwischen einem Kleiderständer und der Ladentür. Es zeigt eine Frau mit braunem Haar in einem mit Buntstift gemalten Haus, umgeben von Schneiderpuppen, Garnspulen und Kleidern. In den Händen hält sie zwei winzig kleine, bunte Blusen. „Meine Tochter wusste vor mir, was ich wollte“, sagt Ingrid Stocker mit einem Lächeln. „Das ist mir erst viel später aufgefallen.“

Bei ihr selbst war es eher so ein Sehnen. Nach etwas Eigenem. Nach mehr Selbstbestimmung. Bei einem Bummel durchs Westend kam sie an einem Laden vorbei, der Verkäufer saß mit einem Kaffee draußen auf einer Bank. „Da wusste ich, das will ich auch!“ Weiterlesen

24 kleine Läden-Roadmap

Und schon sind wir in 2024 angekommen! Alle Weihnachtsgeschenke sind inzwischen ausgepackt, die Ladentüren öffnen sich nach den Feiertagen wieder. Willkommen im neuen Jahr.

Die Resonanz auf mein 24 kleine Läden-Projekt war wirklich herzerfrischend, über jeden eurer Kommentare habe ich mich riesig gefreut. Was ich besonders toll finde: Das Interesse daran zu erfahren, was hinter den vielen Ladentürchen steckt, scheint ungebrochen. Listen wurden erstellt, Ordner angelegt, um in den kommenden Wochen ganz in Ruhe in kleinen Läden shoppen zu gehen.

Roadmap für unterwegs

Aber wo anfangen? Gar nicht so leicht zu entscheiden, wenn die räumliche Vorstellung fehlt. Und so entstand zwischen den Jahren die Idee zu einer Karte, die einen Überblick über die Verteilung der Standorte im Münchner Stadtgebiet gibt. Kleine grüne Icons zeigen, wo die von mir in der Adventszeit vorgestellten 24 kleinen Läden zu finden sind – und welche Besuche sich besonders gut miteinander verbinden lassen. Wer grad im Glockenbachviertel, im Westend oder in einem anderen Münchner Viertel unterwegs ist, kann sich also mit einem Blick auf die Karte auch spontan für einen Einkaufsbummel entscheiden. Kurzinfos zu den Geschäften frischen die Erinnerung auf und beschreiben, was in welchem Laden angeboten wird und besonders ist.

Auf geht’s, würde ich sagen. Viel Spaß beim Einkaufen!

Zur 24 kleine Läden-Roadmap geht es hier.

 

 

 

Bilder: Gunda Achterhold, Leonie Achterhold

 

 

 

abgefüllt & unverpackt

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 24

Mit guten Vorsätzen ist es ja so eine Sache. Meistens sind sie schnell wieder passé. Im neuen Jahr weniger Plastik zu verbrauchen, das könnte allerdings ein guter Plan sein. Im Alltag oft schwierig umzusetzen? Ja, das finde ich auch. Heidi Triska hätte da zumindest mal ein paar Ideen, wie es gehen könnte. In ihrem kleinen Laden abgefüllt & unverpackt bietet sie Produkte an, die weitgehend ohne Plastik auskommen.

Der Name ist Programm. In den offenen Regalen stehen flüssige Putz- und Spülmittel in großen Kanistern. Ein Kunde lässt sich gerade  seine Vorräte wieder auffüllen, die Behälter hat er mitgebracht. Die Produkte werden ohne Tenside hergestellt und belasten das Grundwasser nicht. In der Luft liegt ein feiner, frischer Duft. Weiterlesen

Engel & Bengel

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 18

Es waren die Accessoires auf dem Fenstersims, die es mir sofort angetan hatten. Kerzen, kleine Tannenzapfen als Kerzenhalter und orientalisch anmutende Blechtellerchen standen da hübsch vorweihnachtlich drapiert und riefen: Nimm mich mit! Ich nahm sie mit. Und kam wieder.

Der Kinderladen Engel & Bengel an der Inneren Wiener Straße gehört Petra Lock, sie gründete ihn 2004.  Eine große nostalgische Puppenstube, mit lauter hübschen kleinen Dringen darin, erinnert noch an ihre Anfänge als Geschäftsfrau. Denn an Textilien hatte sie anfangs noch gar nicht gedacht. „Ich bekam mein drittes Kind, war zu Hause und begann damit, antike Kindermöbel zu sammeln und für uns herzurichten.“ Weil es Spaß machte und gut lief, verkaufte sie einiges auch weiter. Zunächst auf Weihnachtsmärkten, später in einem kleinen Laden in der Sedanstraße. Dann entdeckte sie eine Marktlücke. Weiterlesen

Buch & Café Lentner

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 12

Schon etwas gestresst vom Weihnachtseinkauf? Dann könnte die Balanstraße eine gute Möglichkeit sein, um die Suche nach Geschenken mit dem Angenehmen zu verbinden. Ja, ganz genau: die Balanstraße. Auch für mich war sie lange vor allem eine Verkehrsachse. Bis ich auf dem Weg vom Isarhochufer nach Haidhausen unversehens in der Buchhandlung Lentner landete.

Buchläden ziehen mich immer an. Dieser Besuch war für mich allerdings wirklich ein Ereignis. Jazzmusik im Hintergrund, der Duft von frischem Kaffee und ausgesuchte Rotweine, auf Treppenstufen und neben Belletristik – dem Himmel fühlte ich mich ganz nah. Weiterlesen

Kunst und Keramik

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 9

Die meisten Tage verbringt Lisa Muck an der Drehscheibe. Seit sechs Jahren hat die Keramikerin ein eigenes Atelier im Münchner Westend, in dem sie auch Kurse und Einzelunterricht gibt. Ihre Produkte verkaufte sie lange direkt in der Werkstatt, doch der liegt etwas versteckt und ist nicht so leicht zu finden. 2021 entdeckte sie den kleinen Laden in der Bergmannstraße und war begeistert.  „Ich finde es schön, wenn etwas im Viertel hergestellt und dort auch verkauft wird.“

Moderne, klare Formen und ungewöhnliche Farben sind typisch für ihre Arbeiten, die im Kunst und Keramik zu sehen sind. „Die Corona-Zeit war wichtig für mich, um meinen eigenen Stil zu finden und in aller Ruhe Formen und Farben zu entwickeln“, erzählt Lisa Muck. „Im laufenden Geschäft kommt man einfach nicht dazu.“ Sie probierte viel aus, experimentierte mit Glasuren und arbeitete mit verschiedenen Tonsorten. Viele ihrer Tassen, Schalen oder Vasen sind aus grauem oder schwarzem Ton gearbeitet. Drehrillen, die sich beim Töpfern bilden, lässt sie stehen. „Sie lassen sich mit den Fingern erfühlen und geben der Struktur eine Lebendigkeit.“

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Silberfisch

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 8

Bei meinem Streifzug durch das Westend komme ich beim Silberfisch vorbei. Als Tochter von Goldschmieden ist Weihnachten für mich untrennbar mit Schmuck verbunden. Hier in der Heimeranstraße arbeiten Handwerkerinnen und Handwerker aus der Gold- und Silberschmiede im Kollektiv zusammen, das hat meine Neugier geweckt.

Gründerin Alexandra von Guilleaume ist gerade mit der Weihnachtsdekoration beschäftigt, als ich den Laden erreiche. Im Schaufenster leuchten Edelsteine in allen Formen und Farben. Smaragde, Turmaline oder Mondsteine, jeder von ihnen ein Solitär. „Mit dieser Deko wollen wir zeigen, wie viele verschiedene Schliffe es gibt“, sagt die Silberschmiedin. Vorsichtig ordnet sie kleine runde Döschen, in denen jeweils ein Stein für sich allein glänzen darf, auf magnetischen schwarzen Kreisen an und stellt sie ins Schaufenster. Einzelne Steine werden gerne als Geschenk verkauft, auch in der Vorweihnachtszeit. „Nach den Festtagen verarbeiten wir sie dann nach eigenen Wünschen zu Schmuckstücken“, erzählt Alexandra von Guilleaume. „Das kommt gut an.“ Weiterlesen

Schuh Hiegl

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 7

Gutscheine sind vielleicht nicht jedermanns Sache, aber wenn sie so daherkommen… Dieses zierliche Kunstwerk aus Papier fand ich im letzten Jahr unterm Weihnachtsbaum. Nur wenig später war ich stolze Besitzerin von Schuhen, die ich mir komplett selbst designt habe. Form, Farbe, Material – es war ein einziges Wünschdirwas.

Kurz nach den Festtagen stand ich bei Schuh Hiegl in der Belgradstraße. Und war beeindruckt. Noch nie hatte ich so viele extravagante Modelle auf einmal gesehen. Geblümt, im Leopardenlook oder mit Schottenkaro, in allen Farben des Regenbogens, viel Glitzer und in gewagten Kombinationen. Aber Schuh-Hiegl ist eben auch kein „normales“ Schuhgeschäft.

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Nauli

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 6

Ins Univiertel in der Maxvorstadt zieht es mich immer wieder. Das imposante und geschichtsträchtige Hauptgebäude der LMU beeindruckte mich schon als Studentin, die aus dem Münsterland nach München kam. Seit einigen Jahren laufe ich meistens ein paar Schritte weiter in die Adalbertstraße. 2018 eröffneten die beiden Schwestern Eva-Dewi und Johanna Pangestian Harahap dort ihren kleinen Laden, das Nauli. Der Name erinnert an ihre indonesische Großmutter, übersetzt bedeutet er „wunderschön“. Und das sind sie tatsächlich, die von Hand gebundenen Bücher und Alben aus feinstem Papier, die den Grundstock des kleinen Familienunternehmens legten.

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Kochgut

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 5

Inzwischen liegt mein Büro im Lehel. Manchmal steige ich am Max-Weber-Platz aus und laufe noch kurz am kleinsten Küchenkaufhaus in München vorbei. Es liegt ein bisschen versteckt, am Eingang der Schloßstraße. Schon ein Blick ins Schaufenster zeigt, dass hier jemand mit Liebe zum Detail arbeitet.

Mehr als 5000 verschiedene Artikel hält Iris Reiss in dem 1981 eröffneten Laden bereit. Man muss keine passionierte Köchin sein, um sich für ihr Angebot im Kochgut zu begeistern. Von der Spülbürste bis hin zum edlen Bräter reicht das Sortiment in den hellen Holzregalen. Als Studentin war Iris Reiss selbst Stammkundin im „Kochgut“, damals lag der Laden noch ein paar Häuser weiter. „Jeder im Viertel ging dahin“, sagt sie. „Der Laden war eine Institution.“ Das ist auch mit dem Umzug 2013 so geblieben, da hatte Iris Reiss das Geschäft gerade übernommen. Weiterlesen