Die Strumpf-Tante

24 kleine Läden – Ladentürchen Nr. 11

Ein gutes Paar Strümpfe auf dem Gabentisch, in vielen Familien war das früher nicht unüblich. Kann man auch heute noch Strümpfe zu Weihnachten schenken? „Auf jeden Fall“, sagt Ingrid Staab. Und sie muss es wissen. Seit mehr als 30 Jahren ist sie Geschäftsführerin der legendären Strumpf-Tante in der Hohenzollernstraße. Zum Nikolaus werden gerne Strümpfe in fröhlichen Designs verschenkt, beobachtet sie. Zu Weihnachten dann vor allem hochwertige, die etwas Besonderes sind. Auch Männer seien in Strumpf-Fragen offener geworden. „Viele tragen inzwischen gerne bunt und mit Mustern.“

Die „Strumpf-Tante“, 1937 als Fachgeschäft für Strümpfe, Trikotagen und Kurzwaren gegründet, ist eine Institution, mitten im Herzen Schwabings. Schon Erich Kästner deckte sich in dem kleinen Laden mit wollenen Strümpfen und „Pagenschlüpfern Feinripp“ ein. In einem dicken Album, das Ingrid Staab in der Theke verwahrt, kleben Autogrammkarten: Viele prominente Kundinnen wie Michaela May, Veronica Ferres oder Gaby Dohm haben sich hier schon bei der Auswahl ihrer Nylons beraten lassen. Die Schauspielerin Christine Kaufmann fuhr immer mit dem Radl vor.

Nicht nur die Kundschaft, auch die Lage an der traditionsreichen Hohenzollernstraße ist prominent. Auch wenn drumherum in den letzten Jahren und Monaten viele alteingesessene Fachgeschäfte schließen mussten. Hier kommen viele Menschen vorbei, auf dem Weg zur Leopoldstraße oder in Richtung Kurfürstenplatz. Eine Frau aus Frankfurt, die im Zug ihre Handschuhe vergessen hat, stürzt an diesem eiskalten Tag in den Laden und kauft sich beglückt ein neues Paar. Stammkundinnen, auch Stammkunden, wiederum sind oft froh, dass ihnen hier alles in Ruhe gezeigt und, wenn nötig, auch beim Anprobieren geholfen wird.

Gar nicht “tantig”, auch die Jungen kommen

Das Interieur hat Ingrid Staab nach der Übernahme 1990 weitgehend erhalten – den Boden, die Theke mit den gläsernen Auslagen, die Spuren von Jahrzehnten zeigen. „Der Laden hat einfach so viel Geschichte, das wollte ich bewahren.“ Veränderungen lassen sich eher am Sortiment erkennen. Fluffige Pullover, farbenfrohe Stulpen und im Sommer Bademoden ergänzen das Angebot an Strümpfen. Um sich hier einzuarbeiten brauche man Wochen, schätzt Ingrid Staab und schaut in den Raum. Die klassische Herrensocke aus Merinowolle hängt  ebenso aus wie feine italienische Strümpfe mit Blümchen oder goldig schimmernde Lurexsöckchen. Allein die Strumpfhosen in allen Stärken und Farben nehmen für sich schon eine ganze Wand an Fläche ein. Mit geübtem Blick erfasst die Chefin Größen, weiß, zu wem was passt und welche Nylons sogar mit 20 DEN-feinen Fasern robust den Winter überstehen.

Was wichtig ist, denn immer häufiger finden auch junge Frauen den Weg zu den „gar nicht tantigen Strumpf-Tanten“, wie eine Zeitung zu einem der Ladenjubiläen schrieb. Ingrid Staab zeigt auf den Artikel und lächelt. „Darüber habe ich mich besonders gefreut. Dass wir nicht tantig sind.“

 

Bilder: Gunda Achterhold

2 Gedanken zu „Die Strumpf-Tante

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