Schlagwort-Archiv: Beruf

Corona – werden wir mutiger?

Mehr als Maloche – über den Titel meines Blogs denke ich gerade noch einmal ganz neu nach. In meinen Geschichten geht es um Menschen, denen die Arbeit mehr bedeutet als reines Geldverdienen. Die nicht immer den geraden Weg gehen, ihren Interessen folgen und dabei oft Courage zeigen.

Corona hat eine Bremse reingehauen und das Arbeitsleben für viele von uns fundamental verändert. Morgens ins Büro fahren, mit anderen zur Kantine laufen oder im Orchester proben, sich „in echt“ im Team treffen und Ideen sammeln, oder auf dem Flur einfach so ins Gespräch kommen – was vor einem Jahr noch alltäglich erschien, mutet inzwischen wie eine am Horizont flimmernde Fata Morgana an. Was macht das mit uns?

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1000 Zufälle

“Man bekommt so viel zurück!”

Ihren Traumjob musste sie aufgeben, dann gründete sie ein Geschäft. Heute arbeitet Sabine Füchtenhans in der Altenpflege – und ist damit glücklich.

Der Traum vom eigenen Laden endete für Sabine Füchtenhans nach 16 Jahren. Klein und fein war ihr Angebot, mit dem sie sich Mitte der Neunziger selbstständig gemacht hatte, in bester Lage, direkt am Marktplatz im westfälischen Warendorf. Die Einzelhandelskauffrau setzte auf Klasse und baute sich mit Anfang dreißig ein Modegeschäft auf, in dem sie hochwertige und exklusive Labels führte. Das Konzept ging auf. Doch in den letzten Jahren wurde es von Tag zu Tag schwieriger, Umsatz zu machen. „Danke für die Beratung, ich kaufe es im Internet“, immer häufiger verabschiedeten sich Kunden nach intensiver Beratung und kauften die Ware im Netz. „Manche legten die Kleidung auch direkt auf die Theke und fotografierten das Etikett mit dem Warencode ab“, erzählt Sabine Füchtenhans und schüttelt den Kopf.  Nach drei Wochen Urlaub in 16 Jahren und unendlich vielen Sieben-Tage-Wochen reichte es ihr: Sie schloss die Tür zu ihrem Modegeschäft ein letztes Mal hinter sich zu und wandte sich einer neuen, ganz anderen Aufgabe zu.

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Verlegerin mit Sinn fürs eBook

“Als Unternehmerin kann ich meine eigenen Regeln aufstellen”

Beate Kuckertz, Gründerin des dotbooks Verlags

New York, im Juni 2009. Beate Kuckertz trifft eine Literaturagentin in New York, als der legendäre Virgin Megastore die letzten noch verbliebenen Platten und das Mobiliar verramscht. Das Aus für den letzten großen Musikladen in ganz Manhattan trifft die Besucherin aus Deutschland ins Mark. „Die dramatischen Veränderungen auf dem Musikmarkt zeichneten sich damals schon länger ab“, stellt sie rückblickend fest. „Diese Schließung war dennoch ein einschneidendes Erlebnis für mich – und ein Vorbote dessen, was auch auf die Buchbranche zukommen würde.“ Desillusioniert kehrte die Verlagsleiterin, die bei der Münchner Verlagsgruppe Droemer Knaur für die belletristischen Programme zuständig war, nach Deutschland zurück. „Ich hatte einen wirklich großartigen Job und fand die Aufgabe immer sehr inspirierend“, betont die heute 52-Jährige. „Aber trotz der absehbaren Krise ging alles weiter wie gehabt.“ Im Jahr darauf hatte Beate Kuckertz genug von der Scheuklappen-Mentalität ihrer Branche. Nach zwölf Jahren kündigte sie ihre Stelle bei der Unternehmensgruppe. Ohne einen Plan B in der Tasche zu haben.

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Von der Bühne in die Kita

„Unser Team lebt von seiner Vielfalt“

Uwe Volkert, Tänzer und Erzieher

Susann Reese, Tanzpädagogin und Kita-Gründerin

Tür auf, an vielen kleinen Gummistiefeln, Regenhosen, einem Bollerwagen vorbei, und man fühlt sich sofort wohl. Die Wände der Münchner Kindertagesstätte „GemeinsamSein“ sind in warmen Rot- und Gelbtönen gestrichen und liebevoll bemalt. Eine Kladde steht aufgeklappt im Wandregal und zeigt ein Vögelchen mit Noten im Schnabel. Aha, die Eltern sehen beim Abholen also gleich, dass ihre Kinder heute Lieder aus der „Vogelhochzeit“ gesungen haben.

Durch das große Fenster im Eingangsbereich erblicke ich eine Harfe, das schöne Instrument fällt mir sofort ins Auge. Musik, Tanz und Bewegung spielen in diesen Räumen eine große Rolle. Genau deshalb ist Uwe Volkert hier. In blauen Hosen und einem weiten karierten Hemd betritt der Erzieher den kleinen Besprechungsraum. Sein Gang ist gerade, die Bewegungen elastisch – man sieht sofort, dass er viele Jahre als Tänzer auf der Bühne stand. Nicht mit klassischen Ballett-Kompanien, dafür war der Norddeutsche zu spät dran.

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Zwischen Kreißsaal und Werkbank

“Meine Kunst ist für mich Selenhygiene”

Anni Rieck, Hebamme und Künstlerin

Es sind die Hände, die mir sofort auffallen. Kompakt, kräftig, ohne Ringe. Hände, die zupacken können, mit hartem Stein arbeiten, Kinder auf die Welt bringen. Anni Rieck lacht, als sie mich an ihrer Haustür begrüßt. Der überraschte Blick, den ich in ihr „Atelier mit Bett“ werfe, dürfte ihr bekannt vorkommen. Auf 64 Quadratmetern lebt und arbeitet die Künstlerin – wenn sie nicht gerade auf der Geburtshilfestation einer Münchner Klinik ist und werdenden Eltern bei der Geburt ihrer Babys hilft. Überall hängen filigrane Objekte aus Draht und Papier von der Decke. Auch in der Küche, in der ganz offensichtlich überwiegend Espresso gekocht wird. Herd und Spüle sind hier Nebensache. Wo sich andere gemütlich zu Tisch setzen würden, steht eine alte Werkbank mit metallenen Beschlägen. Tiefe Risse und Kerben haben sich ins Holz gegraben, Werkzeuge liegen griffbereit. Ein richtig schönes Stück, das den Raum dominiert und zeigt, worum es hier in erster Linie geht. „Die habe ich mir zu meinem 40. Geburtstag geschenkt“, sagt Anni Rieck. Auch drei Jahre nach dem Kauf noch ganz zappelig vor lauter Freude und Begeisterung über diesen Coup. „An dieser Bank habe ich vor langer Zeit zum allerersten Mal in meinem Leben künstlerisch gearbeitet.“

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P.S. – Ariane startet durch!

Aufmerksame Leser meines Blogs kennen Sie schon aus meinem allerersten Beitrag Traumberuf Schauspielerin.  Jetzt startet Ariane Erdelt mit ihrem ersten Soloprogramm “Ganz FRAU” so richtig durch. Und die Freude ist groß, denn die ersten Vorstellungen waren restlos ausverkauft und ein Riesenerfolg!

Am 28. Januar war es so weit – Premiere auf der Schwabinger Bühne von Heppel & Ettlich. Große Aufregung, volles Haus – und dann hüpfte Ariane in Strumpfhosen leichtfüßig von einer Pointe zur nächsten, sang, tanzte Tango und riss ihr Publikum mit ihrem fast zweistündigen Programm zu Begeisterungsstürmen hin.

Prinz München: “Selbstironisch und witzig, dabei aber niemals plump, ohne Scheu, aber niemals schamlos, leicht und heiter, aber niemals belanglos.”

Theaterleiter Wolfgang Ettlich war ebenfalls hingerissen – und so geht es bald weiter mit zusätzlichen Vorstellungen am 21. April, 28. und 29. Mai im Heppel & Ettlich. Am 22. Mai ist Ariane Erdelt mit ihrem neuen Programm im Ars Musica im Stemmerhof zu sehen.

Foto: Klaus Achterhold

Kreativ im Quartier

„Mit dem fertig gemalten Bild hört die Kunst nicht auf“

Jürgen Enninger, Leiter des städtischen Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft in München

Was haben Architekten, Designer, Spiele-Entwickler, Musiker, Autoren, Maler, Werbeleute oder Filmemacher gemeinsam? Sie alle arbeiten in schöpferischen Berufen, meistens aus einem tiefen inneren Antrieb heraus, und schauen dabei nicht groß auf die Uhr. Leben und arbeiten lassen sich oft gar nicht so trennen – man tut das, was man tut, ja schließlich gerne! In der öffentlichen Verwaltung werden diese Berufsgruppen unter dem etwas sperrigen Begriff der „Kultur- und Kreativwirtschaft“ subsumiert. Was sehr schön zum Ausdruck bringt, dass Kulturschaffende in ihrer Gesamtheit durchaus nennenswert zum Bruttosozialprodukt beitragen. Immerhin handelt es sich um den drittgrößten Wirtschaftszeig in Deutschland, direkt nach der Automobil- und Chemieindustrie. Schade nur, dass die einzelnen Künstler und Kreativen von ihrer Arbeit kaum leben können. Buchhaltung, Preisverhandlungen und Marketing gehören in der Regel nicht zu den Kernkompetenzen freischaffender Künstler. Weiterlesen