Archiv für den Autor: Gunda Achterhold

Reingerutscht ins Marketing

Als ich mit Stephanie Perret zum ersten Mal ins Gespräch kam, dachte ich: Wow, was für ein Werdegang! Mir imponierte die Courage, mit der sich die 39-Jährige immer wieder neue Aufgaben sucht. Und die Energie, mit der sie sich für Menschen einsetzt, die Hilfe brauchen. Ohne Studium, aber mit einem guten Gespür bei der Wahl ihrer Arbeitgeber, war die Berufseinsteigerin nach einer Ausbildung zur Zahnarzthelferin ins Marketing gerutscht. Sie arbeitete für Konzerne wie Red Bull, organisierte „Hochzeiten auf der Alm“, nahm eine syrische Familie auf und engagierte sich nebenberuflich als Familienbegleiterin in der Kinderhospizarbeit. Daraus ist ein Beruf geworden:  Seit anderthalb Jahren managt Stephanie Perret die Öffentlichkeitsarbeit  der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz in München. „In der freien Wirtschaft würde ich deutlich mehr verdienen“, räumt sie ein. „Aber meine Arbeit hier macht Sinn und das ist gut.“

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Selbstständig

“Man muss der Typ dafür sein!”

Räume zu schaffen, in denen das Arbeiten für Frauen ein Traum ist. Mit diesem Ziel ist Kristina Schmid vor neun Jahren als Unternehmerin angetreten. Ein nur unvollständig vermieteter Bürokomplex gab den Anstoß für die Geschäftsidee: Die heute 43-jährige Diplom-Kauffrau gründete das Businesscenter „Mein Arbeits(t)raum“ und richtete sich mit ihrem Angebot gezielt an Frauen.  Kristina Schmid_Bild Alexander RüfferFür das Unternehmerinnen-Magazin existenzielle führte ich ein Jahr nach dem Start ein Gespräch mit ihr. Was mir bei meinem Besuch besonders auffiel, war die heimelige Atmosphäre in der Lounge des Businesscenters. Und ein großzügig eingerichtetes Spielzimmer, in dem nur eines fehlte: die Kinder. Eine Betreuung direkt im Haus, angeboten von Erzieherinnen auf selbstständiger Basis, das war der Plan. Doch die Rechnung ging nicht auf. Es blieb nicht der einzige Punkt, an dem die Geschäftsführerin umdenken musste.

Frau Schmid, Sie sind jetzt seit neun Jahren Chefin. Haben Sie sich als Unternehmerin verändert?
Ja, absolut. In die Rolle bin ich nach und nach hineingewachsen, es war ja nicht ganz freiwillig. Vor der Familienphase hatte ich gekündigt, da war also kein Arbeitgeber, zu dem ich zurückgehen konnte. Einen interessanten Teilzeitjob zu finden, mit zwei Kleinkindern im Schlepptau, und dann noch zu sagen: Ich würde mich gerne umorientieren, weil das, was ich vorher gemacht habe, macht mir keinen Spaß – schwierig.

Und heute?
Inzwischen ist es genau umgekehrt, ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, als Angestellte zu arbeiten. Inzwischen bin ich es gewohnt, Entscheidungen selber zu treffen und sie nicht mehr von irgendjemandem abhängig zu machen. Natürlich berate ich mich mit vielen Leuten und hole mir Ideen. Aber letztendlich mache ich es, wie ich meine, und nicht wie ein Chef es meint. Weiterlesen

1000 Zufälle

“Man bekommt so viel zurück!”

Ihren Traumjob musste sie aufgeben, dann gründete sie ein Geschäft. Heute arbeitet Sabine Füchtenhans in der Altenpflege – und ist damit glücklich.

Der Traum vom eigenen Laden endete für Sabine Füchtenhans nach 16 Jahren. Klein und fein war ihr Angebot, mit dem sie sich Mitte der Neunziger selbstständig gemacht hatte, in bester Lage, direkt am Marktplatz im westfälischen Warendorf. Die Einzelhandelskauffrau setzte auf Klasse und baute sich mit Anfang dreißig ein Modegeschäft auf, in dem sie hochwertige und exklusive Labels führte. Das Konzept ging auf. Doch in den letzten Jahren wurde es von Tag zu Tag schwieriger, Umsatz zu machen. „Danke für die Beratung, ich kaufe es im Internet“, immer häufiger verabschiedeten sich Kunden nach intensiver Beratung und kauften die Ware im Netz. „Manche legten die Kleidung auch direkt auf die Theke und fotografierten das Etikett mit dem Warencode ab“, erzählt Sabine Füchtenhans und schüttelt den Kopf.  Nach drei Wochen Urlaub in 16 Jahren und unendlich vielen Sieben-Tage-Wochen reichte es ihr: Sie schloss die Tür zu ihrem Modegeschäft ein letztes Mal hinter sich zu und wandte sich einer neuen, ganz anderen Aufgabe zu.

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“Online? Da war Musik drin.”

Welches Studium passt zu mir?

Wer durchs Internet surft, auf der Suche nach einem günstigen Flug oder einem Hotel, hinterlässt Spuren. Für Travel-Anbieter sind diese Daten, die Nutzer im Netz hinterlassen, höchst interessant: Wie lange waren sie auf der Plattform, zu welcher Uhrzeit, an welchem Tag, wurde ein Handy genutzt, war der Kunde schon häufiger da? Der wirtschaftliche Nutzen liegt auf der Hand. Wer exakt vorhersehen kann, was ein User in einem bestimmten Moment auf einer Seite sucht, kann entsprechend darauf reagieren – sogar in Echtzeit.

Thomas Michahelles_klein

Vom Radio in die Reisebranche: Kommunikationswissenschaftler und Online-Experte Thomas Michahelles

Hoch konzentriert arbeitet  Thomas Michahelles an seinem Stammplatz im Impact Hub, mehr als seinen Laptop braucht der Online-Experte nicht zum Arbeiten. Seine Firma wertet das Buchungsverhalten von Reisenden aus und entwickelt Konzepte, wie sich Traffic beispielsweise über Werbung monetarisieren lässt. Das Unternehmen sitzt in New York und London, der Hamburger betreut als Director Business Development von München aus das Geschäft in Mittel- und Osteuropa.  Der Platz im Coworking Space in Sendling kommt  dem 44-Jährigen gerade recht. Partnermanagement vom Home Office aus zu betreiben, das wäre seine Sache nicht.

Wir sind beim Sexy Salad in Gespräch gekommen, einem Gemeinsinn stiftendenden Event, zu denen  die Hubber regelmäßig einladen. Beim gemeinsamen Grünzeug schnibbeln erzählte mir Thomas, was für Analysten so interessant  daran ist, wenn Nutzer wie ich einen Flug buchen. Spannend. Was mich dann aber besonders aufhorchen ließ: Eigentlich hat er Kommunikationswissenschaften studiert, arbeitete zunächst beim Rundfunk und rutschte eher durch Zufall ins E-Commerce.

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Einmal Schule und zurück

Welches Studium passt zu mir?

Nach zwei Jahren als Lehrerin an einer amerikanischen Schule in Atlanta kehrte Karin Hertzer nach Deutschland zurück und entschied sich für den Weg in den Journalismus. In München machte sie sich selbstständig, spezialisierte sich auf Gesundheitsthemen und arbeitet als PR-Beraterin für Kliniken und Ärzte. Mit ihrem Engagement für die  Blogger-Schule München kehrt sie nun zu ihren beruflichen Wurzeln zurück: Das gemeinnützige Projekt organisiert Workshops für junge Flüchtlinge und bringt ihnen das Bloggen bei.  karin-hertzer-muenchen_pressefoto_rot-800x800

Liebe Karin, du wolltest ursprünglich Lehrerin werden. Wie bist du darauf gekommen?
Genau genommen habe ich mit Informatik an der TU Braunschweig angefangen. Ich war schon immer sehr gut in Mathe, es fiel mir leicht und ich hatte es auch als Leistungskurs im Abi. Der Vater eines Freundes war  fest davon überzeugt, dass Informatiker sehr gefragt sein würden – er als Firmenchef musste es ja wissen dachte ich mir, und schrieb mich dafür ein.

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Mein erster Auftritt als Figurenspielerin

Antje Töpfer, diplomierte Figurenspielerin

Ein Schauspieler hat nur sich selbst als Material, um seine Rolle daraus zu formen. Der Reiz am Figurenspiel liegt für mich darin, dass ich immer ein Objekt habe, mit dem ich arbeiten kann. In meiner aktuellen Inszenierung lasse ich mich zum Beispiel von einer meterlangen Papierfigur inspirieren, die ich selber gebaut habe. Es ging um das Zusammenspiel von Körper und Material. In meiner allerersten eigenen Produktion nach dem Diplom waren Lautsprecher  meine einzigen Mitspieler. In dem Solostück beschäftigte ich mich mit der Isolationshaft von Ulrike Meinhof. Was macht dieses Alleinesein mit einem Menschen? Das war die Frage, der ich nachgehen wollte. Ich trug ein magnetisches Kostüm mit Schnallen, die Lautsprecher, aus denen Stimmen und Geräusche kamen, hafteten an meinem Körper. Ich bewegte sie und sie bewegten mich. Trotzdem war es für mich neu, so exponiert als Figur auf der Bühne zu stehen, ohne eine Puppe oder eine Maske, hinter der ich mich verstecken kann.

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Von der Musik leben?

„Die Kunst ins reale Leben einbinden, darum geht´s.“

Lutz J. Mays, Bassist, Komponist, Autor und Lehrer

Lampenschirme baumeln im Biergarten über verstreut herumstehenden Tischen und Bänken. Ich ahne, was für ein wunderbarer Ort das hier an lauen Sommerabenden sein muss! Noch pfeift allerdings der Wind sehr heftig um den klotzigen Z-Bau in Nürnberg. Dem roten Backsteinhaus sieht man die Nazi-Vergangenheit auf Anhieb an. Ebenso wie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, auf dem Grundstück direkt nebenan. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Amerikaner, heute ist der Z-Bau an der Frankenstraße ein Hort der Gegenwartskultur – ein buntes und weitläufiges Biotop für Kreative. Von den langen Fluren gehen Studios und Probenräume ab. Zerbrochene Schallplatten, Collagen, Graffiti und Flyer an den Türen zeigen, wer sich hier im Laufe der Jahre angesiedelt hat – vom Verein für Fahrradkultur bis hin zum Tonstudio sind hier alle Sparten vertreten. „Die Atmosphäre ist unglaublich belebend“, sagt der Bassist Lutz J. Mays, während er im ersten Stock auf seinen Schüler wartet. „Hier sind lauter Leute, die auch spinnen und ihren Wahn leben“, sagt er, und lacht. „Es tut gut zu spüren: Man ist damit nicht alleine.“

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Vom Jurastudium zur Trauerbegleitung

Welches Studium passt zu mir?

Die Münchnerin Stefani Stocker hat nach dem Abitur Jura studiert und arbeitet heute in eigener Praxis als Heilpraktikerin für Psychotherapie und als Trauerbegleiterin.
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Liebe Steffi, wie bist du ausgerechnet auf Jura gekommen?

Eigentlich wollte ich Sprachen studieren. Mein Vater war allerdings der Meinung, es sei überhaupt keine gute Idee nur auf die Sprachenschule zu gehen. Er hatte großen Einfluss auf meine Entscheidung und so fing ich an, mich für ein Studium an der Uni zu interessieren. Bei Jura dachte ich tatsächlich selbst, das man damit hinterher eigentlich alles machen kann – was nicht stimmt, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Aber ich habe es durchgezogen. Und ich fand es auch niemals langweilig oder trocken. Dieses Image, das Jura hat, stimmt aus meiner Sicht so nicht.

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Welches Studium passt zu mir?

Es war noch nie einfach, sich für ein Studienfach zu entscheiden. Und wenn ich mich so umschaue, stelle ich fest: Die zunehmende Zahl an Studiengängen macht die Sache nicht leichter. Allein für angehende Bachelor-Studenten stellt der HRK-Hochschulkompass mehr als 7.500 Studiengänge zur Auswahl.

Bei Technikfreaks und Naturwissenschaftlern ist die Richtung oft schon früh klar. Wer sich für Sprachen interessiert, künstlerische Ambitionen hegt, oder mal so ganz grundsätzlich was “mit Menschen” oder “mit Medien” machen will, tut sich bei der Studienwahl meist schwerer. Manche gehen strategisch vor und orientieren sich an den beruflichen Perspektiven, die ein bestimmtes Fach bietet. Andere wählen einen Studiengang, der sich zumindest so anhört, als könnte er ihren Erwartungen entsprechen.

In meinem Buch “Wer macht was und was mache ich?” erzählen Jobeinsteiger von ihren Berufen und wie sie dort hingekommen sind. Hier, auf meinem Blog, setze ich früher an. Wie sind andere auf “ihr” Studienfach gekommen, was hat ihnen die Entscheidung erleichtert? In loser Folge werde ich Menschen aus verschiedenen Fachbereichen und Branchen dazu befragen. Mich interessiert, was Sie im Studium gelernt haben – und was sie davon in ihrem aktuellen Beruf noch anwenden.

Den Anfang macht die Juristin Stefani Stocker. Mit einer klassischen Juristenkarriere hatte sie nach dem Staatsexamen nichts im Sinn. Und doch hilft ihr das Studium auch in ihrer Arbeit als Trauerbegleiterin weiter.

Foto: Klaus Achterhold

Mein erster Einsatz als Rettungssanitäter

Tarek Nabih, Rettungsassistent und Medizinstudent

Ich war gerade eine Woche mit der Ausbildung zum Rettungsassistenten fertig, als wir nach Pasing gerufen wurden. Ein Mann war in seiner Autowerkstatt zusammengebrochen – Verdacht auf Herzinfarkt. Maximal zehn Minuten später waren wir vor Ort. Der Mann lag bewusstlos mitten in der Werkstatt, überall waren Menschen. So eine Situation ist auf den ersten Blick nicht leicht zu überblicken. Doch dann sahen wir die Kollegen: Die Automechaniker hatten sofort mit Herzdruckmassagen angefangen und knieten in voller Montur um den Chef herum.

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