Welches Studium passt zu mir?
Wer durchs Internet surft, auf der Suche nach einem günstigen Flug oder einem Hotel, hinterlässt Spuren. Für Travel-Anbieter sind diese Daten, die Nutzer im Netz hinterlassen, höchst interessant: Wie lange waren sie auf der Plattform, zu welcher Uhrzeit, an welchem Tag, wurde ein Handy genutzt, war der Kunde schon häufiger da? Der wirtschaftliche Nutzen liegt auf der Hand. Wer exakt vorhersehen kann, was ein User in einem bestimmten Moment auf einer Seite sucht, kann entsprechend darauf reagieren – sogar in Echtzeit.
Hoch konzentriert arbeitet Thomas Michahelles an seinem Stammplatz im Impact Hub, mehr als seinen Laptop braucht der Online-Experte nicht zum Arbeiten. Seine Firma wertet das Buchungsverhalten von Reisenden aus und entwickelt Konzepte, wie sich Traffic beispielsweise über Werbung monetarisieren lässt. Das Unternehmen sitzt in New York und London, der Hamburger betreut als Director Business Development von München aus das Geschäft in Mittel- und Osteuropa. Der Platz im Coworking Space in Sendling kommt dem 44-Jährigen gerade recht. Partnermanagement vom Home Office aus zu betreiben, das wäre seine Sache nicht.
Wir sind beim Sexy Salad in Gespräch gekommen, einem Gemeinsinn stiftendenden Event, zu denen die Hubber regelmäßig einladen. Beim gemeinsamen Grünzeug schnibbeln erzählte mir Thomas, was für Analysten so interessant daran ist, wenn Nutzer wie ich einen Flug buchen. Spannend. Was mich dann aber besonders aufhorchen ließ: Eigentlich hat er Kommunikationswissenschaften studiert, arbeitete zunächst beim Rundfunk und rutschte eher durch Zufall ins E-Commerce.
Fangen wir doch mal ganz von vorne an, Thomas. Wie bist du denn in den Journalismus gekommen, ganz klassisch über Volontariat oder Journalistenschule?
Als Praktikant, direkt nach dem Abi. Ich bin für Radio Schleswig Holstein ins Rathaus gestiefelt, habe Töne geschnitten und Beiträge für die Regionalberichterstattung gemacht. Über ein Volo habe ich damals nachgedacht, bin dann aber lieber nach Göttingen gegangen und habe dort Kommunikationswissenschaften, Politik und Publizistik studiert. Mit meiner Radioerfahrung kam ich gleich bei FFN unter und war dort fast vier Jahre als freier Mitarbeiter. Ich weiß nicht, wie viele Vierminüter ich für das Regionalfenster geliefert habe!
Warum hast du dich vom Radio verabschiedet?
Ich bin ein akustischer Mensch, mache in meiner Freizeit Musik, und höre bis heute gerne Radio. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich das nicht ewig weitermachen will. Der Vorteil im Radiojournalismus ist: Du gehst morgens hin, machst dein Thema und abends ist der Schreibtisch aufgeräumt. Aber ich wollte langfristig was gestalten.
Du bist als Trainee zu einem großen Verlagshaus gegangen. Was hast du dort gelernt?
Ich habe das Verlagsgeschäft verstanden. Die tägliche journalistische Arbeit reizte mich nicht mehr so, aber über die verschiedenen Stationen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen lernt man eben auch die kaufmännische Seite kennen. Das fand ich sehr spannend – im Marketing zum Beispiel hatte ich vorher noch nie gearbeitet. Die Hierarchien waren damals noch sehr ausgeprägt, ausgesprochen konservativ. Dieses sich einfügen in klassische Konzernstrukturen war für mich eine ziemlich prägende Erfahrung. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass ich später immer remote gearbeitet habe, nie in der Zentrale.
Wir reden hier über die Zeit Ende der neunziger Jahre, Online war noch sehr in den Anfängen. Hattest du einfach den richtigen Riecher?
Tatsächlich war es eher Zufall. Zuletzt bin ich als Trainee in einer Projektgruppe gelandet, die eine Auktionsplattform entwickeln sollte, so ähnlich wie eBay. Dieses ganze Internet-Thema war damals eine Blase hoch zehn und es war einfach cool, dabei zu sein. Strategisch habe ich da nicht gedacht, aber du spürtest einfach, da ist Musik drin.
Goldene Zeiten?
Ohne jede technische Ausbildung habe ich alle beteiligten Dienstleister gemanagt, von der Webagentur bis hin zu Logistikunternehmen! Das war schon toll. Letzten Endes hat das Ding nie funktioniert, aber das Konzept war gut und wurde als E-Commerce-Plattform ausgebettet. So bin ich in München gelandet, im Marketing für einen Webdienstleister. Ich war kaufmännischer Ansprechpartner für Kunden, in einer Schnittstellenposition zwischen Marketing, Sales und Consulting. Das ist im Grunde bis heute so geblieben. Ich akquiriere neue Geschäftspartner und betreue Kunden, die unsere Lösungen einsetzen.
Gibt´s so etwas wie einen roten Faden, der sich durch deinen Berufsweg zieht?
(Thomas lacht) Ich bin schon jemand, der gerne draußen in der Welt unterwegs ist und mit Menschen zu tun hat. So ein bisschen ein Frontschwein, würde ich sagen. Und das musst du beim Radio genauso sein wie im Sales. Mein Job ist es, zu missionieren und Geschäftspartner von unseren Produkten zu überzeugen. Dieser direkte Umgang mit dem Kunden macht mir einfach Spaß! Außerdem bin ich viel unterwegs, in London zum Beispiel, wo der Rest meiner europäischen Truppe sitzt. Ich könnte mir nur schwer vorstellen, fünf Tage die Woche im Büro zu sein.
Du hast Kommunikationswissenschaften studiert. Kannst du heute noch irgendetwas aus deinem Studium gebrauchen?
Es ist auf jeden Fall gut für die Allgemeinbildung. Und auch fachlich sind da einige Themen, die für mich bis heute wichtig sind, Marketing oder Stärken-Schwächen-Analysen zum Beispiel. Ich bin nicht so der detailverliebte Typ, sondern Generalist, und will Zusammenhänge verstehen. Deshalb war das Studium für mich eine gute Basis. Es vermittelt die Wirkungsmechanismen von Kommunikation – zwischen Menschen, aber auch über die Medien. Du kennst dich hinterher in der Medienlandschaft aus und bist in der Lage, mit unterschiedlichen Personen auf Augenhöhe reden zu können. Damit stehen einem viele Wege offen. Studienfreunde von mir sind heute in der Personalentwicklung, in der Politik, in der Forschung oder in der PR, ganz unterschiedlich.
Was gefällt dir in deinem Job heute besonders gut?
Die Offenheit, mit der bei uns Dinge ausprobiert werden – wir sind eben selbst noch ein Growing Start-up. Da wird nicht ewig diskutiert, es läuft eher nach dem Motto: Probier´s halt! Das macht die Sache unheimlich dynamisch. Im Moment gewinnen wir sehr viele neue Projektpartner dazu – junge, kleine Firmen, aber auch Branchengrößen. Diese Mischung macht es so bunt und spannend!
Und noch ein “Hubber” auf meinem Blog:
Thomas Michahelles schätzt seinen Stammplatz im Hub, Amelie Mertin wechselt gerne. Warum sie sich manchmal gerne auf die Fensterbank verzieht, erzählt die Gründerin auf Mobile Office.
Fotos: Gunda Achterhold