Frau Kathl

Liebe bis zum letzten Stich

Allein der Name klang schon so liebenswürdig: Frau Kathl. Mit einem winzigen roten Herzchen im Logo. Entdeckt hatte ich ihre Taschen bei Karusa, dem Laden für Handgemachtes und Besonderes in der Humboldtstraße. Locker lässige Bags, coole Straps, alles mit Liebe zum Detail. Ein paar Tage später stehe ich in einem kleinen Atelier im Westend vor ihr – fester Händedruck, fröhlich blitzende Augen – und schaue Frau Kathl beim Schneidern zu.

Mit Schwung wuchtet sie einen Ballen Stoff auf den Schneidetisch – Leo-Print, passend zum Scrunchie in ihrem leuchtend roten Haar. Türstopper drauf, damit nichts verrutscht. Schnittmuster sauber an die Kante gelegt, und schon schneidet sie energisch einmal drumherum. Kathrin Hagengruber, die sich lieber Kathl nennt, hat sich auf Taschen spezialisiert. Ihre Shopper, Bumbags und Rucksacktaschen hängen locker drapiert an einer Schneiderpuppe. Die stammt noch von ihrer Vorgängerin im Studio 81, einer Modedesignerin.

Aus einer Minibox auf dem Tisch höre ich die Stimme von Sven Regener, vom Fenster zum Hinterhof fällt Winterlicht in den Raum. An einer Pinnwand über der Nähmaschine hängen Kinderbilder, der Verkehr in der Schwanthalerstraße scheint meilenweit weg zu sein.

Frau Kathls kleiner Laden ist ein Online-Shop

„Das hier ist meine Oase“, sagt Kathrin Hagengruber. Sie nimmt das fertig geschnittene Stück Stoff und stellt das Bügeleisen an. In den Ateliers um sie herum sind lauter Kreative am Werk – entwerfen Stühle, bauen Geigenkästen aus Schaumstoff und Textil oder malen nicht jugendfreie Bilder. Den Gang hinunter geht es zu Radio Lora München, dem lokalen Hörfunksender. Ich laufe staunend immer weiter, es ist ein inspirierender Ort mit Werkstattcharakter. Überall wird herumgedacht und experimentiert.

Wäre ein kleiner Laden mit Schaufenstern für sie reizvoll? Nein, da winkt Frau Kathl kategorisch ab. Auf gar keinen Fall. Schon wegen der Öffnungszeiten. „Ich habe lange genug in einer Apotheke gearbeitet, oft samstags“, sagt sie. „Einen Betrieb zu führen, da hängt so viel Arbeit dran, die man von außen gar nicht sieht.“ So kann sie sich ihre Zeit freier einteilen. Gelegentlich kommen die Töchter mit, malen oder basteln mit Stoffresten. Ihr kleiner Laden ist ein Online- Shop, und den managt Kathrin Hagengruber von zu Hause aus.

 

Nähen, das war schon immer ihr Ding. Aber daraus einen Beruf machen? Die Münchnerin entschied sich für eine kaufmännische Lehre. Privat nähte sie weiter, Kinderdirndl für ihre Töchter zum Beispiel.

Handmade, fair und zeitlos – lauter Lieblingsstücke aus Kathls Nähatelier

Ausgerechnet Corona brachte dann Schwung in die Sache. Pünktlich zum Ende ihrer Elternzeit, legte die Pandemie das öffentliche Leben lahm. Kindergärten, Schulen, alles geschlossen. „Jetzt einen Job suchen? Das macht keinen Sinn“, fand Kathrin Hagengruber, und richtete sich im Arbeitszimmer einen Platz zum Nähen ein. Kleidung? Zu aufwändig. „Da braucht es so viel Material, man muss verschiedene Größen vorrätig haben und stark in Vorleistung gehen“, sagt sie. „Von den Anproben, die nötig sind, gar nicht zu reden.“ Ihre Taschen sind in der Herstellung pflegeleicht, passen immer und lassen sich beliebig auf Bestellung anfertigen. In zwei bis vier Tagen sind sie fertig zum Versand.

Die junge Marke fand ihren Weg ins Sortiment von Phaedra Richter-Schwarz – ein Glücksfall.  Deren 2020 in der Parkstraße gegründete Laden „heißeliebe“ ging durch die Decke und expandierte. Zwei Jahre lang waren auch die Taschen von Frau Kathl dort zu finden und entwickelten sich zu einem Münchner In-Label. „Damit wurde ich bekannt“, sagt Kathrin Hagengruber. Viele ihrer Kundinnen, es sind überwiegend Frauen, bestellen immer wieder bei ihr. Auch für Freundinnen, Schwestern, Töchter. Neue Ideen kommen oft von außen. Von der Nachbarin zum Beispiel, die einfach nicht wusste wohin, mit den leidigen Hundetüten. “Den Tipp für die Lavendel- Augenkissen habe ich von einer Freundin bekommen, die mittlerweile ihr eigenes Yoga-Studio in Haidhausen gegründet hat”, erzählt Kathrin Hagengruber. “Sie setzt sie in ihren Kursen zur Entspannung ein.” Den Lavendel im großen Garten ihrer Eltern erntet Frau Kathl seitdem alljährlich  komplett ab – für ihre von Hand genähten, nach Sommer duftenden “Come Downer”, die inzwischen viele Fans gefunden haben. „Jede Blüte von Hand gezupft.“

Zur Kleine Läden-Roadmap geht es hier.

 

Bilder: Gunda Achterhold

 

2 Gedanken zu „Frau Kathl

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