
“Unsere Hüte sollen tragbar sein!” Astrid Triska und Katrin Eisenblätter in ihrer Hutwerkstatt im Glockenbachviertel.
Ein sommerlicher Nachmittag im Glockenbachviertel, Astrid Triska fährt die Markise aus. Wie hingetupft schweben leuchtend gelbe Strohhüte im Schaufenster, nun geschützt vor dem grellen Sonnenlicht. Die Nachfrage nach den formschönen Schattenspendern steigt seit Jahren. „Der Klimawandel macht sich auch bei uns bemerkbar“, sagt die Hutmacherin. „Sommerhüte sind inzwischen viel gefragter als früher.“
Seit 1995 verkauft sie ihre Hutkreationen in der Hans-Sachs-Straße, zusammen mit ihrer Kollegin Katrin Eisenblätter. Die Modistinnen hatten sich schon während ihrer Ausbildung in der Berufsschule kennengelernt. Fünf Jahre lang stellten sie ihre Modelle in der Galerie Artefakt aus, schon damals eine Münchner Institution für außergewöhnliches Schmuck- und Textildesign. „Das war ein super Sprungbrett für uns “. Dann machten sich die beiden direkt im Haus nebenan selbstständig. In der ehemaligen Drogerie Hatzl eröffneten sie ihre Hutwerkstatt Eisenblätter & Triska.
Stylischer Kopfputz in Westminster Abbey
„Jede von uns hat ihre eigenen Vorlieben und Spezialitäten“, erzählt Astrid Triska. Ihr gefalle das Kleinteilige an der Arbeit besonders gut, sagt sie. Die Blumen, das Dekorieren. Mit einem Finger fährt sie liebevoll an den Rändern schimmernder Blütenblätter entlang, sie zieren einen verspielten Kopfschmuck. Fascinators – so werden die stylischen Accessoires aus Federn, Blumen, Bändern, Perlen oder Netzen genannt. Seit 2011 sind sie schwer gefragt: Kate und William hatten Westminster Abbey kaum verlassen, da klingelte in der Hans-Sachs-Straße auch schon das Telefon.
Einige Hochzeitsgäste des monarchischen Großevents sorgten mit spektakulärem Kopfputz für Aufsehen. Noch am selben Nachmittag stand die erste Kundin im Laden, ein Festkleid für den nächsten Tag unterm Arm, und probierte einen Fascinator nach dem anderen an. „Die meisten werden auf Bestellung gefertigt“, erzählt Astrid Triska. „Aber wir hatten tatsächlich einen da, der exakt passte. Farbe, Form – wir hätten ihn nicht besser anfertigen können.“ Ihre hellen Augen funkeln noch heute vor Freude über den gelungenen Coup.
Jedes Stück der mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichneten Modistinnen ist ein Unikat, selbst entworfen und von Hand genäht. Viele ihrer Hüte sind inzwischen Teil der Sammlung des Münchner Stadtmuseums und anderer Museen. Die aktuellen Modelle der Saison präsentieren die Hutmacherinnen wie auf einem Laufsteg: Sportliche Kappen und luftige Hüte, mit breiter Krempe, glockenförmig oder klassisch für den Herrn. Mittendrin ein echter Hingucker aus Pfauenfedern, der selbst Ascot alle Ehre machen würde.
In ihrer Werkstatt stapeln sich Schachteln mit Blüten aus Sisal, Filz, Leder oder Organza in den Regalen. Mit Flechtwaren, Pailletten und Federn. Am Fenster zum Hof hängen Krempen aus Stroh. Ein Strohhut ist zum Aufbügeln im Atelier, ein schwarzer Filzhut erhält ein neues Band. Glänzende Rundköpfe aus Holz warten auf ihren nächsten Einsatz – ganz glatt poliert sind sie schon, so viele Rohlinge wurden im Laufe der Jahre über sie gezogen und bearbeitet. In den 60er Jahren habe es in München noch eine richtige Schwemme an Hutläden gegeben, erzählt Astrid Triska. An jeder Ecke waren sie zu finden, gehörten wie selbstverständlich zum Stadtbild.
Wie entsteht eigentlich ein Hut?
„Heute trauen sich viele nicht mehr, einen Hut zu tragen“, beobachtet Astrid Triska. „Aber man kann das lernen. “ Sie selbst war schon als Schülerin hutaffin. In einem kleinen Hutladen in Schwabing fragte sie an und machte dort ihre Ausbildung zur Modistin. An diesem Nachmittag arbeitet sie an einem Strohhut, brauner Rips und feine Streifen aus Strohgeflecht wechseln sich farblich ab. An der Maschine näht sie die schmalen Borten in einem Stück zusammen, auf dem Rundkopf wird der Hut dann in Form gebracht.
Ich beginne gerade zu verstehen, wie das zweifarbige Muster eines Strohhutes zustande kommt, als eine junge Frau den Laden betritt – Jeans, T-Shirt, Rucksack – und nach einem Sommerhut fragt. Eine andere lässt kurze Zeit später eine Kappe ihrer Mutter für sich umarbeiten. Huttragen ist also ganz offensichtlich keine Frage des Alters. „Zu uns kommen Kundinnen und Kunden aus allen möglichen Richtungen und Altersklassen“, so Triska. „Wir ermutigen sie dazu, in Ruhe auszuprobieren, was zu ihnen passt und womit sie sich wohlfühlen.“ Mein persönlicher Favorit ist ein farbenfrohes Ensemble aus feinem Exotenstroh und Federn, angefertigt für die Jahresausstellung des Bayerischen Kunstgewerbevereins. Jedes Teil ein kleines Kunstwerk.
Woher kommen die Ideen, frage ich Astrid Triska, wo findet sie Inspiration? Ihre Antwort kommt ohne Zögern: „Beim Tun.“
Triska, Triska…
Wem der Name bekannt vorkommt: Zur nachhaltigen Drogerie abgefüllt & unverpackt von Heidi Triska öffnete sich im Advent 2023 das 24. Ladentürchen auf Mehr als Maloche. Was die beiden Schwestern verbindet? Ein Gespür für Schönheit, Geschäftssinn und ihr umwerfend sympathisches Lächeln.
Bilder: Gunda Achterhold, Eisenblätter & Triska
Sehr schön, liebe Gunda!
Auch ich liebe Hüte…schau bei Gelegenheit mal dort rein.
Viele liebe Grüße,
Ariane